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ARRI-Media-Förderpreisträgerin im Gespräch über ihren Erfolgsfilm und die Arbeit als Editorin

Interview mit Editorin Anna Grenzfurthner

Anna Grenzfurthner
Anna Grenzfurthner (Bild: Anna Kirst )

UPDATE: Anmerkung der Redaktion: Anna Kirst hieß zum Zeitpunkt des Interviews noch  Anna Grenzfurthner.

Filmplus 16: Anna Grenzfurthner erhielt für den Kurzfilm „Wartezeit“ den mit 2.500 Euro dotierten ARRI Media Förderpreis Schnitt. Anna Grenzfurthner ist in Wien geboren und aufgewachsen. Sie verbrachte über drei Jahre in Australien und den USA und entdeckte dort ihre Liebe zum Film. Nach Filmpraktika in Sydney und Wien schloss sie 2010 ihr Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien ab und studierte seit 2010 Schnitt an der Filmakademie Wien. 2013 war sie für zwei Jahre beim ORF in Washington als Chef-Cutterin tätig. Seitdem lebt und arbeitet sie wieder in Wien als freie Filmschaffende im Bereich Schnitt und Sounddesign. Nach dem Auszug im Film & TV Kammeramann 12/2016, hier nun das Interview in Voller Länge.

Auf deiner Visitenkarte sieht man ein schönes Foto von einem 16-mm-Schneidetisch. Ist das eine nostalgische Verbeugung oder arbeitest du tatsächlich noch mit diesem Format?

Nein, aber ich wünschte, ich hätte tatsächlich die Möglichkeit gehabt, noch auf 16-mm zu schneiden. Wir hatten an der Uni einmal eine Art Nostalgie-Seminar, und da ist dieses Foto entstanden. Es ist eine große Verbeugung vor dieser Kunst.

Bei dem, was wir heute digital machen, kann ich es mir nicht einmal im geringsten vorstellen, wie die das damals gemacht haben. Und wenn man die Filme anschaut, dann stehen sie den heutigen Filmen schnitttechnisch in gar nichts nach. Im Gegenteil: wir suchen Inspiration von älteren und früheren Filmen.

Dabei haben wir heute die Möglichkeit, im Arbeitsprozess so viel mehr Irrwege zu gehen und Fehler zu machen, und damals konnte man vielleicht nur zwei- oder dreimal umkleben, und selbst das war mit so viel mehr Arbeit und Zeit verbunden.

Man muss ja feststellen, dass in „Wartezeit“ an äußerer Handlung nur wenig stattfindet. Die Handlung findet vielmehr in der Protagonistin und interessanterweise im Zuschauer selbst statt. Wie bist du an diese Herausforderung herangegangen?

Wie bei jedem Projekt habe ich mich erst einmal auf das Rohmaterial gestürzt und versucht, so gut wie möglich alles aufzunehmen, jeden Take in seiner volle Länge anzuschauen, und dabei zu überlegen, wie ein Schnitt-Rhythmus entstehen könnte.

Es gab auch schon ein Storyboard, an das ich mich beim ersten Rohschnitt sehr stark gehalten habe. Danach haben die Regisseurin Clara Stern und ich aber auch viele Reihenfolgen und Einstellungen geändert. Es gab im Material Gott sei Dank auch immer Varianten, und somit hatte ich also den Freiraum, im Schnitt damit zu spielen, welcher Moment oder welche Einstellungsgröße am besten Wirkt, und wie lange man die Einstellung stehenlässt.

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Screenshot aus “Wartezeit”

Die Länge der Einstellungen ist ein interessantes Thema, denn relativ früh im Film wird ja schon das Tempo gesetzt.

Ja, absolut. Im Schnittprozess hatten wir dieses Stiegenhaus mal länger, mal wieder kürzer drinnen. Zu Beginn haben wir uns wirklich ein bisschen schwergetan, die Einstellung auch so lange stehen zu lassen. Wir haben dann mal probiert, die Szene auch umzuschneiden und zu kürzen.

Es gab auch noch eine andere Einstellung, wo man In der Dunkelheit die Perspektive hätte wechseln und eventuell auch ein wenig schneller zum Ende kommen können. Wir haben aber gemerkt, dass der Rhythmus des Films eine Vorbereitung erfordert, und deswegen haben wir dann einfach Beschlossen, diese Einstellung taktgebend im Film zu behalten.

Die Einstellung wirkt für übliche Sehgewohnheiten ja ein wenig sperrig. Aber sie ist nicht einmal die längste im Film.

Richtig – es gibt diese einminütige Einstellung gegen Ende des Films an der Bushaltestelle. Die ist wirklich aus viel Probieren und Anschauen entstanden. Wie lange kann man das stehen lassen, die Figur stehen lassen im wahrsten Sinne des Wortes? Wir haben einfach im Schnitt gesehen, ab einem gewissen Punkt wird es unangenehm, aber die Spannung lässt nicht nach.

Es war uns einfach physisch unangenehm, dieser Person wartend an der Bushaltestelle zuzuschauen, haben aber gemerkt, es ist eine gute Form des Unangenehmen. Das hat in uns auch während des Schnitts einfach Gefühle erzeugt, So dass wir gespürt haben, das funktioniert und muss einfach so sein.

Wie geht es nach diesem Projekt weiter?

Ich werde auf jeden Fall beim Schnitt bleiben und freue mich auf viele spannende Projekte, die zur Zeit noch in der Finanzierungsphase sind. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Wochen auch vieles klären wird und die Zukunftspläne ein wenig konkreter werden.

Gleichzeitig habe ich die Gelegenheit, bei einem Dokumentarfilm Regie zu führen und werde hoffentlich gemeinsam mit meinem lieben Kollegen Matthias Writze in einem Jahr wieder am Schneidetisch sitzen und einen langen Dokumentarfilm schneiden.

 

Anna Kirst hat auch unsere drei Fragen beantwortet: Warum und wie sie bei und neben ihrer Arbeit noch politisch aktiv ist, erzählt sie dort.

 

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